30. Juni 2015

Anspruch eines Pati­enten gegen den Klinik­träger auf Preis­gabe der Privat­an­schrift eines ange­stellten Arztes

Der Bundes­ge­richtshof entschied in einem wegwei­senden Urteil darüber, ob ein Patient einen Anspruch gegen den Klinik­träger hat, die Privat­an­schrift eines ange­stellten Arztes zu erhalten.

Sach­ver­halt Der Kläger wurde in der Einrich­tung des Klinik­trä­gers stationär behan­delt. Sowohl gegen den Klinik­träger als auch gegen zwei bei diesem ange­stellte Ärzte machte er Scha­den­er­satz­an­sprüche geltend.

An einen der Ärzte konnte die Klage unter der Klini­kan­schrift zunächst nicht zuge­stellt werden, weil der Prozess­be­voll­mäch­tigte des Klägers den Namen nicht richtig ange­geben hatte. Nach der Korrektur des Namens war die Zustel­lung erfolg­reich. Trotzdem verlangte der Kläger von der Klinik Auskunft über die Privat­an­schrift des betrof­fenen Arztes. Dies lehnte der Klinik­träger ab.

Entschei­dungen des Amts­ge­richts Weiß­wasser und des Land­ge­richts Görlitz Das Amts­ge­richt hat die Klage abge­wiesen. Das Land­ge­richt hat die Beklagte zur Auskunft verur­teilt, weil sich Anony­mität nicht mit dem Wesen des Arzt-Pati­enten-Verhält­nises vertrage. Es hat die Revi­sion zuge­lassen.

Urteil des Bundes­ge­richts­hofs Der u. a. für die Fragen des Persön­lich­keits­schutzes und der Arzt­haf­tung zustän­dige VI. Zivil­senat des Bundes­ge­richts­hofs hat auf die Revi­sion des Klinik­trä­gers das Beru­fungs­ur­teil aufge­hoben, die Klage abge­wiesen und dies im Wesent­li­chen wie folgt begründet:

Zwar hat der Patient gegen­über Arzt und Kran­ken­haus grund­sätz­lich auch außer­halb eines Rechts­streits Anspruch auf Einsicht in die ihn betref­fenden Kran­ken­un­ter­lagen, soweit sie Aufzeich­nungen über objek­tive physi­sche Befunde und Berichte über Behand­lungs­maß­nahmen (Medi­ka­tion, Opera­tion etc.) betreffen. Der Klinik­träger ist auch grund­sätz­lich gehalten, dem Pati­enten den Namen des ihn behan­delnden Arztes mitzu­teilen.

Der Kläger brauchte aber zur Führung des Zivil­pro­zesses nicht die Privat­an­schrift des Arztes, weil die Klage­schrift unter der Klini­kan­schrift zuge­stellt werden konnte. Der Auskunfts­er­tei­lung steht außerdem die daten­schutz­recht­liche Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 1 Bundes­da­ten­schutz­ge­setz (BDSG) entgegen. Die Rege­lung gestattet dem Arbeit­geber die Erhe­bung, Verar­bei­tung und Nutzung von Daten für Zwecke des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses.

Der Arbeit­geber ist aber grund­sätz­lich nicht berech­tigt, perso­nen­be­zo­gene Daten, die für Zwecke des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses erhoben worden sind, an Dritte weiter­zu­leiten. Da die Daten für die Zwecke des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses erhoben worden sind, ist die Über­mitt­lung an Dritte nach dem für den Daten­schutz geltenden Zweck­bin­dungs­gebot grund­sätz­lich als zweck­fremde Verwen­dung ausge­schlossen. Eine Weiter­lei­tung privater Kommu­ni­ka­ti­ons­daten an Dritte bedarf viel­mehr der Einwil­li­gung des Betrof­fenen oder der beson­deren Gestat­tung durch eine Rechts­vor­schrift.

Fazit Das Urteil hat eine weit­rei­chende Bedeu­tung. Nicht nur Ärzte, sondern viele weitere Arbeit­nehmer dürften von dieser Entschei­dung betroffen sein. Auch für Arbeit­geber herrscht nun – zumin­dest teil­weise – Klar­heit, dass sie keine Privat­daten ihrer Arbeit­nehmer heraus­geben dürfen. Deut­lich wird damit auch, dass die private Tele­fon­nummer oder die E-Mail-Adresse eines Kollegen bei dessen Abwe­sen­heit z. B. im Urlaub oder bei einem auswär­tigen Termin in keinem Fall weiter­ge­geben werden darf.

Nicht abschlie­ßend geklärt ist, ob der Bundes­ge­richtshof die gleiche Entschei­dung getroffen hätte, wenn die Klage dem Arzt nicht unter der Anschrift des Klinik­trä­gers hätte zuge­stellt werden können. Nach unserer Auffas­sung dürften auch in diesem Fall keine Daten heraus­ge­geben werden.

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